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Ersterwähnungsforschungen vorerst abgeschlossen

Dorfgeschichte Über die Wirren der Ersterwähnung "forsche" ich seit 2012.
Zuletzt galt, nachdem die z.B. in Wikipedia behauptete Urkunde von 1122 nicht gefunden werden konnte, die Erwähnung von Daberstedt als Küchendorf aus dem Jahr 1157 als ältester gesicherter und datierter Akteneintrag.

Allerdings war zwischenzeitlich ein Eintrag mit einem Hinweis auf eine Urkunde von 1140 gefunden worden.
Im Jahrbuch der Akademie Gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt von 1848 beschreibt Adolf Werneburg die Namen der Ortschaften und Wüstungen Thüringens. Dort wird die Urkunde jedoch nur erwähnt.

Gefunden habe ich sie nach längeren Recherchen im "Directorium Diplomaticum", einem dankenswerterweise von Google digitalisierten mehrbändigen Urkundenverzeichnis aus dem Jahre 1825 (Verlag der Hofbuchhandlung Rudolstadt)


Es wird dem Stellvertreter Adalberts des zweiten u. a. eine „Hufe“ in Taberstet übereignet. Dies gilt für mich als Ersterwähnung, solange das bei einer älteren Urkunde aus 1133 noch strittig ist.

Lange her

Dorfgeschichte Nicht nur Corona ist daran schuld, dass ich mein Vorhaben mindestens einen Artikel zur Dorfgeschichte hier zu veröffentlichen nicht eingehalten habe. Ich habe für 2022 einen Kalender zur Dorfgeschichte mit Bildern aus der Grafiksammlung des Angermuseums veröffentlicht. Die Rückseiten der Kalenderblätter tragen allesamt kurze Artikel zu verschiedenen Aspekten der Dorfgeschichte. Als Ausgleich veröffenliche zunächst die hier fehlenden Artikel von 2021 bis 2023:

Für 2021: Die Ersterwähnung 706, 1122, 1133 oder 1140?



Die erste schriftliche Erwähnung eines Ortes ist die Grundlage für Ortsjubiläen. In nahezu allen Fällen kann man zwar davon ausgehen, dass die Orte auch schon früher bestanden bzw. z.T. weit vorher gegründet wurden. Wäre die berühmte Dagobertfälschung, nur angeblich eine Urkunde aus dem Jahre 706, nicht als solche erkannt worden, läge hier die Ersterwähnung von Daberstedt vor. Der Ort wird mit der etwas exotischen Schreibweise Tagebrechteste erwähnt. Man nimmt an, dass die Erstellung dieser Fälschung in der Mitte des 8. Jahrhunderts erfolgte, aber als Ersterwähnung ist eine undatierte Urkunde nun einmal unbrauchbar.

In aktuellen Quellen wird die Ersterwähnung Daberstedts auf eine bischöfliche Urkunde aus dem Jahre 1122 zurückgeführt, allerdings konnte ich noch nirgends eine solche Urkunde finden. Vielleicht beruht die Aussage auf einem Schreibfehler von Johannes Richter, der eine Urkunde aus dem Jahr 1133 vorstellt und sich in seinem Artikel schlicht verschreibt.

Wenn man Richters Argumentation folgt, ist mit „Windisch Gehovin“ oder „Werneschehoven“ allerdings nicht Daberstedt gemeint, obwohl es sich bei vielen späteren Küchendörfern um Erfurt um „Slawische Gehöfte“ gehandelt hat. Folgt man hingegen der Argumentation von A. Kirchhoff, so wäre die besprochene Urkunde die gesuchte Ersterwähnung am 18. Juni 1133. Bisher konnte das jedoch nicht überzeugend geklärt werden.
Nach langem Suchen fand sich eine eindeutig dem Dorf Daberstedt zuzuordnende Urkunde aus dem Jahr 1140. Der Erzbischof Adalbert II zu Mainz übereignet darin einer Kirche Besitztümer seines Vizedoms (Stellvertreters). Darunter eine Hufe Land in „Taberstedt“.
In der Literatur findet sich außerdem eine erstmalige Erwähnung Daberstedts und anderer Orte als Küchendörfer. Damit ist diese Eigenschaft ab 1157 nachgewiesen.

Transkription des lateinischen Textes der Urkunde von 1133

Für 2022: Aus Tagebrechtestete wird Daberstedt



Wenn man in Urkunden oder anderen alten Schriftzeugnissen nach einer erstmaligen Erwähnung eines Ortes sucht, stellt man oft fest, dass die Schreibweisen für ein und denselben Ort durchaus unterschiedlich waren. Wenn es mehrere Orte mit ähnlichen Namen gibt, kann das auch zu Verwechslungen führen. Im Falle von Daberstedt treten jedoch teilweise extrem unterschiedliche Schreibweisen auf, trotzdem kann man sie eindeutig zuordnen.
In der sogenannten Dagobertfälschung, einer angeblich aus dem Jahre 706 stammenden Urkunde, taucht z. B. die Bezeichnung Tagebrechtestete auf, die man sicher nicht gleich mit Daberstedt in Verbindung bringen würde. Der angebliche Autor ist allerdings ein König Dagobert, dem (leider ohne konkrete Jahresangabe) die Gründung der so genannten Slawendörfer im Süden von Erfurt zugeschrieben wird, zu denen Daberstedt gehört. Das erklärt möglicherweise die bis ins 19. Jahrhundert für Daberstedt verwendete alternative Bezeichnung Dagobertstadt.
Selbstverständlich treten auch noch die auch bei anderen Orten zu registrierenden kleineren Abweichungen in der Schreibweise auf (Taberstedt, Taberstet, Daberstedt, Daberstadt, Daverstedt u.ä.).
Wenn man etwas Mut aufbringt, könnte man den Bestandteil „Daber“ im Dorfnamen auch als eine Art Kurzform und Tagebrecht als alte Schreibweise von Dagobert auffassen.
Damit hätte man dem möglichen Gründer oder zumindest Schutzpatron der Siedlung mit jeder Schreibweise Tribut gezollt.

Für 2023: Die Dorfschule



Wo und ab wann es in Daberstedt eine Dorfschule gab, ist bisher nicht nachgewiesen.
Wenn im Mittelalter überhaupt weltliche Bildung für die einfache Bevölkerung stattfand, wurde sie zunächst nur von der Kirche und damit vom Dorfpfarrer geleistet.
Mit Beginn des 18. Jahrhunderts wurden in verschiedenen Ländern Schulreformen durchgeführt. Zu diesem Zeitpunkt gab es vereinzelt bereits Dorfschulen, aber sie waren sehr schlecht besucht. In Preußen wird 1717 die Schulpflicht und 1763 das Generallandschulreglement eingeführt. Daberstedt gehörte aber zu dieser Zeit noch zu Kurmainz. Dort ist eine Schulreform unter dem Kurfürsten Friedrich Karl Joseph von Erthal (1774-1802) bekannt, aber auch dessen Vorgänger Emmerich Josef Freiherr von Breidbach zu Bürresheim hatte bereits intensiv an der Reformierung des Bildungswesens gearbeitet.

Die Schulpflicht sollte nun per Verordnung für alle fünf- bis zwölfjährigen Kinder gelten, und zwar für Jungen und Mädchen. Dort, wo es Schulen gab, sollten die Eltern ihre Kinder im Winter täglich und im Sommer ein- oder zweimal die Woche zur Schule schicken. Wer sich widersetzte, dem drohte eine Strafe.
Erst später und regional unterschiedlich wird mit der Schulpflicht auch ein fester Lehrplan verbunden, der von ausgebildeten Lehrern unterrichtet werden soll.

Für Daberstedt ist nach dem Siebenjährigen Krieg (1756-1763) ein Lehrer und damit die Existenz einer Dorfschule nachgewiesen. In dem Dokument wird unter anderem um eine ausreichende Pension gebeten. Die Aussagen über Herrn Schlotterhose findet man in Wernigerode. Dort ist eineAußenstelle des Landesarchivs in Magdeburg, das offenbar weltliche Akten der Küchendörfer aufbewahrt.

Das Dokument beweist zumindest die 1783 anstehende Pensionierung eines Daberstedter Dorfschulmeisters namens Schlotterhose. Dies wurde mit Alter und Gebrechlichkeit begründet. Den wenigen hier im Original vorgestellten Zeilen ist sowohl die Höhe der jährlichen Rente als auch der Geldgeber zu entnehmen. Mit 20 Reichsthalern pro Jahr fiel die Pension nicht gerade üppig aus. Sie entsprach in etwa dem Gegenwert eines Maßanzuges.

Im letzten Erfurter Adressbuch vor der Zerstörung Daberstedts aus dem Jahre 1806 hatte ich "nebenbei" noch folgende Information über das Schulsystem und den Umfang der Daberstedter Dorfschule erfahren:



Dagobertstadt

Dorfgeschichte

Es ist völlig normal, dass ein Ort in zurückliegenden Jahrhunderten immer wieder unterschiedlich geschrieben wird. Dennoch ist der Ortsnamne meist erkennbar.

Daberstedt oder Daberstädt und selbst Daberastedt sind da noch am einfachsten als synonym zu erkennen. Auch Taberstedt, Taberstet und Tabersteden sind leicht zu identifizieren. Etwas kompliziert wird es bei der Bezeichnung Tagebrechteste. Wer Phantasie gnug hat, könnte hier eine phonetische Ähnlichkeit zu Daberstedt heraushören, wobei der Teil "brecht" schon eher in eine ganz andere Richtung weist. Die Spekulation wird noch stichhaltiger, wenn man "Tage" mit "Dago" gleichsetzt...

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Warum 2006 die 1300 - Jahrfeier ausfiel

Dorfgeschichte

Dass Daberstedt eine alte slawische Siedung war, die weit vor dem 12 Jahrhundert schon bestand, ist unbestritten. Eine ungefähre Einordnung gibt Joachim Herrmann in seinem Buch "Die Slawen in Deutschland", Berlin 1970, Seite 28:

"Um 700: „Dörfer im Waldgebiet südöstlich von Erfurt, die mit königlicher Billigung von Slawen angelegt“ worden waren, wurden dem Peterskloster übereignet."

(Leider wird Daberstedt nicht explizit erwähnt und eine genaue Jahresangabe fehlt.)...

"Warum 2006 die 1300 - Jahrfeier ausfiel" vollständig lesen